„An Behinderte gedacht“ heißt die Auszeichnung die Brunhilde Engstle (lks.) und Ingrid Willner-Sambs aus den Händen von Verena Gotzes (Mitte) und OB Ivo Holzinger erhielten. Im Hintergrund: Gebärdendolmetscherin Jimena Sauer. Fotos: dus
Memmingen (dus):
Die UN-Behindertenrechtskonvention auf regionaler
Ebene umzusetzen war das Ziel des auf drei Jahre ausgelegten Aktionsplans,
dessen Leitung Professor Dr. Markus Jüster von der Hochschule Kempten übernahm.
Am vergangenen Mittwochabend stellte der Experte zusammen mit dem
Behindertenbeirat der Stadt die Ergebnisse im Landestheater der Öffentlichkeit
vor.
„Inklusion ist eine Wanderbaustelle“, konstatierte der Professor, dessen
Worte in die Gebärdensprache übersetzt wurden. Prof. Dr. Jüster erläuterte
zunächst die Bedarfsermittlung zu Beginn des Prozesses, die Menschen mit Behinderung und Menschen ohne
Behinderung gemeinsam ins Gespräch brachten. Im „World Café“ wurden die ersten
Impulse gesetzt um weitere Prozesse anzustoßen.
In den drei Jahren des Aktionsplans konnten 20 Projekte
konkret durchgeführt werden. Die diversen Themenfelder wurden von der Steuerungs- und
Lenkungsgruppe strukturiert. Fünf Arbeitskreise befassten sich mit den Themen:
"Bewusstseinsbildung", "Kommunikation", "Wohnen", "Freizeit" und "Mobilität".
Bessere Planungen und individuelle Lösungen
„Wir müssen
ständig Brücken bauen, auch um Doppelstrukturen zu vermeiden“, sagte dazu Prof.
Dr. Jüster. Dafür brauche es in der Stadt eine zentrale Fachstelle als Anlaufstelle
für das Thema Inklusion, sowohl für die verschiedenen Betreuungseinrichtungen als auch für Privatpersonen. Dank der Netzwerke können bessere Planungen und
individuelle Lösungen geschaffen werden - Optionen, die sich auch oft finanziell
niederschlagen, wie Prof. Dr. Jüster im Beispiel der ambulanten und stationären
Betreuung erklärte.
Unterhaltsam und nachdenklich ist das Kabarett-Programm von Rainer Schmidt,
der über Inklusion aus eigener Erfahrung berichtet.
Weiter sind in der nahen Zukunft die barrierefreie Zugänglichkeit der Stadtverwaltung sowie die Überarbeitung des Internetauftritts der Stadt geplant, damit dieser uneingeschränkt für alle benutzbar und verständlich werde. Kulturelle Veranstaltungen wie die „No Barriers Disco“ im Kaminwerk sollen weitergeführt werden. Zudem ist eine Informationsbroschüre zum Thema „Bauen/Wohnen“ im Gespräch. Die Arbeitskreise arbeiten weiter an der Lebensqualität für alle Memminger Bürgerinnen und Bürger.
Denn Inklusion beträfe nicht nur Menschen, die eine medizinische Behinderung haben. Vielmehr sei es wichtig, gerade auf dem Gebiet des Bauens langfristig und zukunftsorientiert zu planen, denn, wie Prof. Dr. Jüster weiter betonte, 97 Prozent der Behinderungen seien im Lauf des Lebens erworben.
Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement
„Die Zusammenarbeit im Behindertenbeirat ist vorbildlich“, betonte Verena Gotzes. Sie würdigte zwei langjährige Unterstützerinnen, die sich ehrenamtlich für das Thema Inklusion einsetzen. Brunhilde Engstle und Ingrid Willner-Sambs erhielten die Auszeichnung „An Behinderte gedacht“, die 2011 zum ersten Mal verliehen wurde. Im Anschluss an die Verleihung hieß es „Däumchen drehen“ mit Rainer Schmidt. Er ist Kabarettist, Seelsorger, Olympiasieger und ein Mensch ohne Arme. In seinem Programm baute er auf unterhaltsame Weise Berührungsängste und Barrieren gegenüber Menschen mit Behinderung ab.