Gaben den Träger des Memminger Freiheitspreises 2016 bekannt (von li.): Herbert Müller, Vorsitzender des Kuratoriums Memminger Freiheitspreis, der frühere Dekan Kurt Kräß und Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, beide Mitglieder der Jury, neben Dekan Ludwig Waldmüller, Beirat im Kuratorium, und Jury-Mitglied Dekan Christoph Schieder. Fotos: Sonnleitner
Memmingen (as). Wo die diesjährige Vergabe des Memminger Freiheitspreises stattfindet, ist noch unklar, da die Martinskirche bis auf Weiteres renoviert wird. Aber wer ihn erhält, steht bereits fest: Der katholische Bischof em. Dr. Erwin Kräutler wird die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung am 25. September 2016 in Memmingen entgegennehmen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, besonders für den Bischof, der seit über 50 Jahren in Brasilien lebt.
"Wir freuen uns, jemanden gefunden zu haben, auf den das Profil des Preises so gut passt", erklärt Oberbürgermeister Dr. Holzinger im Rahmen einer Pressekonferenz im Memminger Rathaus. Dass man den EKD-Ratsvorsitzenden, Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, für die Laudatio gewinnen konnte, unterstreiche die besondere Wertschätzung des Preisträgers.
"Im Freiheitsgedanken beheimatet"
"Bischof Kräutler ist ein im Freiheitsgedanken beheimatete Mensch", begründet Dr. Holzinger die Entscheidung der Jury. Der heute 77-jährige, mittlerweile emeritierte, Bischof setzt sich seit Jahrzehnten für die Rechte der Indianer und Kleinbauern Nordbrasiliens ein und kämpft gegen die Ausbeutung und Plünderung Amazoniens. Sein politisches, soziales und ökologisches Engagement brachte Bischof Kräutler nicht nur Ehrungen und Auszeichnungen ein, sondern auch Anfeindungen, tätliche Angriffe und Morddrohungen. Seit 2006 steht er unter Polizeischutz.
Geboren wurde Erwin Kräutler in Vorarlberg (Österreich). Nach seinem Studium der Theologie und Philosophie ging er 1965 als Seelsorger der Missionare vom Heiligen Blut ins Amazonasgebiet. 1980 wurde er zum Bischof der Diözese Xingu berufen, die etwa so groß wie Deutschland ist, und wurde zu einem der wichtigsten Fürsprecher der indigenen Bevölkerung Brasiliens. Angesichts der ökologischen Ausbeutung ihres Lebensraumes drängt der Bischof auf einen Bewusstseinswandel - nicht nur in Lateinamerika, sondern auch in den westlichen Industrienationen.
"Ein freies, selbstbestimmtes Leben"
Als Vorsitzender des Kuratoriums „Memminger Freiheitspreis 1525“ erinnert Stadtrat Herbert Müller an das geistliche Fundament der zwölf Bauernartikel. „Begründet auf dem Evangelium, wollten die Bauern ein freies, selbstbestimmtes Leben führen“, so Müller - genau dieses Ziel verfolgt Bischof Kräutler für die heutigen Bauern Lateinamerikas.
Auch der ehemalige Dekan Kurt Kräß weist auf den theologischen Gedanken in der Präambel der Bauernartikel hin. "Freiheit ist kein Privileg, sondern gilt für alle Völker und Religionen", betont Kräß, der die einhellige Entscheidung der Jury für den Preisträger im Juli 2015 mitgetragen hatte. Bischof Kräutler beschreibt er als „Mann der einfachen Leute“ und prominenten Vertreter der Befreiungstheologie. „Der Bischof verkörpert den Originalton der Bauernregeln“, freut sich der Geistliche.
Info: Der „Memminger Freiheitspreis 1525“ wird seit 2005 für Verdienste um Freiheit, Recht und Gerechtigkeit zuerkannt. Erster Preisträger war der ehemalige ungarische Außenminister Dr. Gyula Horn. Im Jahr 2009 wurde der deutsche Schriftsteller und Autor Reiner Kunze ausgezeichnet, 2013 (in Abwesenheit) die pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai. Der Preis soll das geistige Erbe der zwölf Bauernartikel, welche die aufständischen Bauern in Memmingen 1525 verfassten, wachhalten. Die zwölf Bauernartikel gelten als erste Niederlegung von Grund- und Menschenrechten auf deutschem Boden.